Hier findest du Beiträge zum Thema Trauma & Co

Vom Selbsthass oder der Neigung, dich ständig selbst herunter zu machen

 

„Wieder einmal ist es nicht genug!“, „Das hätte ich viel besser machen können.“, „Ich ertrage meinen Anblick im Spiegel nicht.“, „Wenn ich nichts tu, dann bin ich auch nichts wert.“…

 

So und noch viel mehr Sätze schwirren oft in vielen von uns herum und sie haben tiefe Ursachen, die oft bereits über viele Generationen weiter getragen und auch im Alltag und in den Medien etabliert und gehalten werden. 

 

Selbsthass ist nicht das, wonach es vordergründig aussieht und ganz oft wird er unterschwellig praktiziert bzw. sogar als selbstverständlich akzeptiert. „Das ist einfach so.“, habe ich schon oftmals von meinen KlientInnen gehört, wenn sie über sich selbst herziehen. Und weil es so selbstverständlich ist, wird es auch nicht als wirklich schädlich gesehen. Das passiert auch oft in der Psychotherapie. 

 

Ich möchte dir heute ein paar Fragen stellen:

 

  • Hältst du dich selbst für liebenswert?
  • Magst du deinen Anblick im Spiegel?
  • Magst du deinen Körper?
  • Hast du Minderwertigkeitsgefühle?
  • Wie gehst du mit Misserfolgen um?
  • Bist du dir selbst gegenüber sehr kritisch?
  • Neigst du dazu, tief verzweifelt über dich zu sein? „Ich werd das nie lernen.“
  • Hast du ständig negative Gedanken im Kopf?

 

Wenn du zb. etwas verbockt, also falsch gemacht hast, wie gehst du dann mit dir um? „Trittst du dann noch hinterher?“

 

Woher kommt das?

Wie schon eingangs erwähnt, ist dies zumeist bereits generationenübergreifend.

Eltern, Großeltern, Bezugspersonen, Menschen in unserer Linie, die 

 

  • zu wenig Aufmerksamkeit ihrer Eltern, aus welchen Gründen auch immer erhalten haben.(Kriegstrauma, Armut, Arbeit, etc.)
  • Es gab Zeiten, da waren die Kinder noch alleine im Krankenhaus (ich erinnere mich selbst daran, dass ich mal „ausbrechen“ wollte: Ich war damals 4 Jahre alt…)
  • Du wurdest viel alleine gelassen, weil deine Eltern arbeiten und sonst niemand da war, der hätte auf dich schauen können. 
  • Deine Eltern, Bezugspersonen, konnten nicht wirklich lieben, weil sie es selbst nie erfahren hatten oder traumatisiert sind/waren.
  • Verbale Demütigungen: Wenn Menschen vor deinen Augen über dich herziehen: „Die/Der wird das nie hinbekommen.“, „Schau, was er/sie jetzt wieder gemacht hat.“
  • Wir wurden nicht gesehen oder gehört: „Mama, Papa schau!“, „Ich muss arbeiten…“

und noch vieles mehr.

 

Letztendlich führen all diese Gründe dazu, dass daraus bereits in der frühesten Kindheit/Jugend geschlossen wird, irgend etwas stimme mit einem nicht oder man sei nicht liebenswert. Das zieht sich dann bis ins Erwachsenenalter…

 

Die Traumafolgerscheinungen bzw. „Überlebensstrategien“ sind dann wie folgt:

 

  • Anpassung und übertriebene Freundlichkeit („immer lächeln“)
  • Überkompensastion der eigenen Unsicherheit durch Leistung, Perfektion und ständig für „andere da sein“
  • „Verschwinden“ wollen: man will nichts „Falsches“ sagen und am besten „unsichtbar“ sein und meidet „Konfrontation“, ja sogar soziale Kontakte bzw. Konversationen, um bloß keinen „Staub“ aufzuwirbeln. 
  • eine weitere, äusserst schmerzhafte Strategie ist, sich selbst zu bestrafen, damit es kein anderer mehr tun kann. 

 

Letztendlich trauen wir uns nicht mehr zu, das zu tun, was wir wirklich wollen, verlieren den Kontakt zu uns und unsere Bedürfnissen, können dies nicht mehr äussern bzw. kommunizieren, ja dissoziieren sogar. Also wir wissen gar nicht mehr, was wir wirklich brauchen…

 

Wie also können wir diese Selbstbe- und Verurteilung, den Selbsthass überwinden?

 

Mit positiven Affirmationen und Sätzen, die wir selbst nicht glauben, kommen wir zumeist nicht allzu weit. Für mich ist das, als hätte ich einen Berg Schulden und gehe ein Glas Champagner trinken, um mir vorzumachen, ich sei reich. Wenn ich mir allerdings bewusst sage und mich entscheide: „fake it till you make it“, weil ich dann weiß, dass ich Muster in meinem Gehirn verändere, dann könnte dies mit viel Konsequenz wirken - das ist dann mehr Verhaltenstraining. Es verhindert jedoch nicht, dass hinter all dem Schmerz, der darunter liegt, die Aggression und Abneigung in herausfordernden Situationen aus dir nur so heraussprudeln. 

 

Was also tun?

 

  • Anerkennung: 

Wir werden nicht umhin kommen, anzuerkennen, dass wir uns ver- und beurteilen, uns schlecht machen und diesen Schmerz nicht mehr verharmlosen dürfen, sondern vielmehr als das sehen, was es ist. Es geht nun nicht mehr darum, dir oder den Auslösern Schuld zu geben, für das, was passiert, sondern es vielmehr anzuerkennen, dass es nunmal geschehen ist. Und DU hast HEUTE die Möglichkeit, dich zu ERMUTIGEN. Dir zu sagen: „Liebste/r, es tut mir so leid, was dir/mir passiert ist, doch wir haben heute gemeinsam die Möglichkeit, uns liebevoll zu sehen, zu behandeln und uns das zu geben, was wir damals aus welchen Gründen auch immer, nicht bekommen haben.“ 

 

  • Beobachten und handeln:

Körper: beobachte liebevoll deinen Körper und behandle ihn so. Nimm die Verspannungen in diesem Moment der Selbstkasteiung und -verurteilung wahr und schenke ihnen liebevolle Aufmerksamkeit. Du kannst dich auch schütteln, deiner Wut und Trauer Raum geben und sie DURCH DICH fließen lassen. SEI DIR BEWUSST, dass du NICHT DEINE GEDANKEN bist, sondern jetzt ganz bewusst die Möglichkeit dazu hast, diese liebevoll zu betrachten und durch dich fließen zu lassen. Gedankenmustern liebevolle Aufmerksamkeit zu schenken, ohne sich mit ihnen zu identifizieren, ist Training und so hilfreich!

 

  • Mitgefühl:

Durch die liebevolle Beobachtung lernst du, Mitgefühl dir selbst gegenüber zu empfinden, ohne dabei in Selbstmitleid zu rutschen. Dir selbst zu vergeben, deine Verletzlichkeit anzuerkennen und liebevoll mit dir zu sein, auch wenn du immer wieder in diesem Muster gefangen scheinst. 

 

  • Dir selbst Mutter/Vater, FreundIn sein: Ich sage oft zu meinen KlientInnen, vor allem Eltern: „Was würdest du in so einem Moment deinem Kind sagen?“, „Was würde dein bester Freund, deine beste Freundin jetzt machen?“. Da kommt oft die Antwort, „liebevoll in den Arm nehmen, liebevoll sein.“ Und das kannst DU SELBST MIT DIR SEIN! Dich zb. Vor den Spiegel stellen und/oder ehrlich und liebevoll in den Arm nehmen. Und wenn dann kommt: „Das kann ich nicht liebevoll“, dann ENTSCHEIDE dich BEWUSST, es HEUTE einfach einmal zu tun. „Ich kann es ja mal ausprobieren.“

 

Ich gehe immer wieder auch durch diesen Prozess und deshalb ist er mir so bekannt. Eines Tages jedoch, habe ich erkannt und bemerkt, wie traurig es mich macht, dass so viele unter uns sind, die sich einfach nicht ausstehen können und wie unendlich schade das ist. Wieviel liebevoller würden wir mit anderen umgehen, wenn wir es mit uns tun? Das alles war für mich der größte Ansporn, mir selbst Liebe zu schenken und dran zu bleiben, auch wenn es manchmal schwer fällt. Aus diesem Grund teile ich das heute mit dir - aus LIEBE ZU DIR, aus LIEBE zu allen MENSCHENWESEN!

 

Wenn du dich gerade selbst in einer Krise befindest, hol dir bitte Hilfe! Da darfst und sollst das sogar. Wir sind nicht dazu gemacht, alles alleine zu bewältigen. Brauchst du Empfehlungen, wohin du dich wenden kannst? Dann melde dich gern bei uns oder schau heir rein: HILFE IN KRISENZEITEN in Österreich: https://www.psychotherapie.at/patientinnen/notfallkontakte-beratungshotlines

Du bist wunderbar! <3 

Danke fürs Lesen.